Autist*innen nehmen ihre Umwelt anders wahr: Kommunikation ist ein Minenfeld, soziale Interaktionen sind oft unlogisch, und Sinneseindrücke wirken wie ungefiltert auf das Gehirn einprasselnde Geschosse. In ihrem Erstlingswerk VERSTÖRUNGSTHEORIEN beschreibt Marlies Hübner die autobiografisch geprägte Lebensgeschichte einer jungen Autistin, von den ersten Schritten in einer verwirrenden Welt bis zur Diagnose und dem Leben damit. VERSTÖRUNGSTHEORIEN ist 2018 in einer erweiterten Neuauflage erschienen.
„Ich habe schon sehr früh gemerkt, dass ich anders bin. Ich war das verträumte, schüchterne, ängstliche Kind mit den merkwürdigen Interessen. Eine Erklärung dazu konnte niemand liefern. Autismus war nicht bekannt, wer anders war, musste sich zusammenreißen und anpassen. Das klappte natürlich nur bedingt und in Teilen. Im Nachhinein glaube ich, dass nur der außergewöhnlich strukturierte Ablauf in meiner Großfamilie Schlimmeres verhinderte.“ – Marlies Hübner
Autismus ist eine unsichtbare Behinderung, über die bis heute zahlreiche Vorurteile bestehen und großes Unwissen herrscht. Oft wird der Begriff als plattes Stilmittel für negatives Verhalten fehlverwendet, jedoch nicht hinterfragt oder gar verstanden. Etwa ein Prozent der Bevölkerung ist autistisch – ein nicht unerheblicher Teil dieser Menschen weiß davon jedoch nichts. Besonders bei Mädchen und Frauen wird die korrekte Diagnose erst spät gestellt, weil die Symptome mit Schüchternheit, Verschlossenheit und ähnlichen Charakterzügen verwechselt werden.
Der Autorin Marlies Hübner wurde als junge Erwachsene eröffnet, dass sie dem autistischen Spektrum angehöre. Endlich gab es eine Erklärung für ihr Anderssein! In ihrem Debüt VERSTÖRUNGSTHEORIEN gibt sie durch die Augen ihrer Protagonistin Elisabeth einen Einblick in ihr eigenes Leben mit der Diagnose Autismus:
„Mir war es wichtig, ein möglichst authentisches Bild meines Autismus zu zeichnen und mit Elisabeth eine Figur zu kreieren, die den Leser auf diese Reise mitnimmt. Natürlich sind wie in jedem Memoir eigene Lebensereignisse sowie – in diesem speziellen Fall – Erfahrungen mit dem Autismus verarbeitet und zu einer hoffentlich spannenden Geschichte verdichtet worden. Es gibt eine klare Trennung zwischen der Figur der Elisabeth und mir. Allerdings sind viele Elemente aus meiner Diagnostik und meiner Auseinandersetzung mit der Diagnose in das Buch eingeflossen.“ – Marlies Hübner
Elisabeth lebt in ihrer eigenen Welt, sagen die anderen. Elisabeth lebt in einer komplizierten Welt, sagt sie selbst. Als zunächst noch nicht diagnostizierte Autistin wird sie mit einem Alltag konfrontiert, den sie nicht versteht, mit Menschen, deren Art zu kommunizieren verwirrend und missverständlich ist. Das Memoir beginnt mit dem Verlassen des Elternhauses und Elisabeths ersten Schritten in die Selbstständigkeit. In dem für sie so fremden Universum kommt sie nur schwer zurecht. Doch auch die „normalen“ Menschen in ihrem Umfeld sind mit ihrem Verhalten vollkommen überfordert. Nur langsam findet sich Elisabeth mit ihrem Anderssein ab. Zahlreiche gescheiterte Jobs und Beziehungen sind notwendig, um sie erkennen zu lassen, wer sie wirklich ist. Erst die Autismusdiagnose hilft ihr, einen Platz in dieser Welt zu finden.
Das Memoir VERSTÖRUNGSTHEORIEN zeigt eine ungeschönte Sicht auf den schweren Weg zur Autismusdiagnose aus der Sicht einer Betroffenen. Lebensnah und packend erzählt.
Mein Exemplar kam am Montag an und ich habe heute mit dem Lesen angefangen. Ich finde, das Buch ist auch optisch zu einem wirklich schönen, hochprofessionellen Endprodukt geworden, auf das Du in jeder Hinsicht stolz sein kannst. Ich gratuliere Dir zu diesem großartigen, wichtigen Schritt und wünsche den größtmöglichen Erfolg!