Mysterium „weiblicher Autismus“

Meine Mutter hat für jedes von uns Kindern ein Fotoalbum angelegt und zu den Fotos auch die Bilder gesteckt, die wir in der Zeit gemalt haben. Nimmt man die Bilder heraus und dreht sie herum, liest man folgendes: „Apfelbaum von Marlies, 2 Jahre“. „Apfelbaum von Marlies, 3 Jahre“. „Apfelbaum von Marlies, 4 Jahre“. „Apfelbaum von Marlies, 5 Jahre“.

Erzieher*innen, Lehrer*innen, meine Eltern – alle fanden es merkwürdig. Aber eine Erklärung fand man nicht. Autismus bei Mädchen? Das gibt’s doch gar nicht, dachte man. Doch woher rührt diese Annahme? Weiterlesen

Serienkritik „Atypical“: Eine realistische Utopie

Netflix stellte mit der Serie “Atypical” eine Coming of Age-Story um einen 18-jährigen Autisten und seinen Alltag online. Was nach einer neuen Initiative zum Abbau von Vorurteilen klingen mag, erfüllt diese leider zu Genüge.

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Marlies Hübner – Verstörungstheorien

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Mode als autistische Herausforderung

 

“Du siehst doch gar nicht aus wie ein Autist” ist einer der Sätze, den man deutlich zu oft zu hören bekommen, wenn man sich als Autist*in zu erkennen gibt. Neben dem Fehlen einer sichtbaren Behinderung wird dabei auch immer der Kleidungsstil bewertet, wenn auch nicht bewusst.

Serienfiguren wie Sheldon Cooper, bekannte Autist*innen wie Temple Grandin und in etablierten Serien auftauchende autistische Kunstfiguren sind nach gängigen modischen Maßstäben allesamt schlecht bis grauenhaft gekleidet, und prägen damit ein bestimmtes Bild von Autist*innen, das meines Erachtens nur einen Teil von uns repräsentiert. Auch, wenn sie gefühlt in der Minderheit sind, so gibt es doch autistische Menschen, die Spaß daran haben, sich gut und modisch zu kleiden, sich für Schnitte und Design interessieren und gerne gut aussehen.  Viel öfter aber hört man davon, dass Kleidung für Autist*innen ein schwieriges Thema sei. Weiterlesen

Religionszugehörigkeit: Verschwörungstheorie


Niemand weiß, wie es begann.
Der erste kollektive Glaube war vermutlich eine Erklärung für Naturphänomene und Schicksalsschläge, auf die sich eine Gruppe Menschen einigte. Dieser Glaube gab Halt angesichts des Donners, er spendete Trost, wenn der Regen ausblieb, er gab einen Grund, wenn die Liebsten starben. Kurz gesagt: Er verlieh Dingen, die dem Zufall geschuldet sind – inklusive der eigenen Existenz – einen Sinn.

Irgendwann begriff der Erste, dass man mit diesem Glauben Kontrolle ausüben konnte. Vielleicht beruhte dessen Motivation sogar auf einem ganz und gar unschuldigen Blickwinkel: Aus dem Wunsch heraus, Ruhe und Frieden in der Gruppe aufrechtzuerhalten, überhaupt eine Gemeinschaft zu bilden, die über Ort und Zeitpunkt hinausging, berief er sich auf den neuen Glauben, auf diese Erklärungen und forderte Einigkeit. Doch wie es bei Spider-Man heißt: Aus großer Macht folgt große Verantwortung. Einer berücksichtigte das, Andere zogen ihren Nutzen aus dieser Macht. Weiterlesen

Lebensqualität im Spektrum – dürfen wir glücklich sein?

Eine Angst geht um unter Autist*innen – die Angst vor einem guten Leben, vor Lebensqualität und Glück. Das klingt absurd, ist aber tatsächlich die Folge eines diskriminierenden Systems, in dem Menschen mit Behinderung noch immer leben. Lange Zeit habe ich mich gewundert, wie sehr viele autistische Menschen ihr Leiden internalisiert haben, konnte nicht verstehen, warum sie sich nicht trauen, über positive Erlebnisse und Entwicklungen zu sprechen. Der Grund ist ein Tragischer.
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Meltdowns und selbstverletzendes Verhalten – gibt es einen Zusammenhang?

Ob sich Vincent van Gogh die Ohren abgeschnitten hat, weil ihn jemand pausenlos angeschrien hat? Nein, er war im Rausch, glaube ich, oder war, ach, ich weiß es doch nicht, ich will doch bloß nichts mehr hören müssen, ich ertrage das keine Sekunde mehr, wir kommen doch nicht zu einer Lösung, warum hört er nicht auf zu schreien?

Ich stand mit dem Rücken zur Wand, nicht nur im übertragenen Sinne. Er gestikulierte und schrie noch immer, stapelte Vorwürfe und Anschuldigungen zu einer Mauer, die so hoch wuchs, wie sie für mich undurchlässig war. Weiterlesen

Problem Arztbesuch – Ein Mitmachtext


Meine Texte versehe ich gerne mit Ideen oder Lösungen. Ich ende, wenn möglich, mit einem Rat oder zumindest mit ein paar positiven Worten. Heute kann ich das nicht, denn hierzu habe ich keine Lösung. Nur ein wirklich großes Problem. Und die leise Hoffnung, zusammen mit euch, meinen Leser*innen, vielleicht zu einer Teillösung zu kommen. Das hier ist also ein Mitmachtext. Ergänzt ihn bitte um eure konstruktiven Ideen, indem ihr die Kommentarfunktion nutzt.

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Hat die GFCF-Diät Einfluss auf Autismus?

Diäten sind die neuen Religionen. In unserem Bedürfnis, schöner, besser, klüger und gesünder zu werden, überschreiten wir hin und wieder die Grenzen der Vernunft und der Wissenschaft. Dieser Drang nach Selbstoptimierung durchzieht die ganze Gesellschaft; wer noch nie eine Diät gemacht hat, der werfe das erste Puddingteilchen. Bedenklich wird es allerdings, wenn man Diäten mit Heilsversprechen verknüpft und an denen anwendet, die (noch) nicht darüber entscheiden können, was sie essen: an Schutzbefohlenen, also Kindern.

Eine dieser Diäten, die immer wieder mit unseriösen Heilsversprechen auffällt und sich wachsender Beliebtheit bei Eltern autistischer Kinder erfreut, ist die GFCF-Diät.
GFCF meint glutenfrei (Gluten = Klebereiweiß, eine Proteinmischung die in einigen üblichen Getreidearten vorkommt) und caseinfrei (Casein = Milcheiweiß). Bei dieser Ernährungsform wird auf glutenhaltiges Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel) sowie Milch und Milchprodukte verzichtet.
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Hilfe, Selbstvertretung!

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„Autismus hat viele Gesichter“, sagen Menschen und denken „All diese Gesichter sehen aus wie meines/das meines Kindes. Was dem nicht entspricht, kann also kein Autismus sein“.

Wir sprechen inzwischen vom Autismusspektrum. Ohne den Zusatz „Störung“, ohne die auf Außensicht beruhende, diskriminierende Einteilung „leicht“ und „schwer“. Ein weites, abstraktes Spektrum von Autist*innen mit mehr oder weniger großem Hilfebedarf, die eines gemeinsam haben: Eine eingeschränkte Teilhabe am Leben und eine Behinderung, die sie im Alltag beeinträchtigt. Manche so stark, dass sie permanente Betreuung brauchen, andere so, dass sie nur bei Bedarf Hilfe in Anspruch nehmen.
Ein Fortschritt für Autist*innen, mag man meinen. Ein wichtiger Schritt weg vom Tragödienmodell Behinderung, hin zum selbstbewussten Leben mit dem Anderssein. Wenn man aber genauer hinsieht, ist das nur verbaler Zuckerguss auf einem völlig verkohlten Kuchen. Weiterlesen