Rezension: Umgang mit autistischen Menschen – Ratgeber für Lehrer, Mitschüler und Eltern

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Es gibt zahllose Publikationen voll ethisch fragwürdiger Ratschläge zum Umgang mit autistischen Kindern an pädagogischen Einrichtungen und im Elternhaus. Darum war ich neugierig, aber zugegeben auch voreingenommen, als ich ein Rezensionsexemplar der Broschüre „Umgang mit autistischen Menschen“ des Frischtexte Verlags erhielt.
Es ist mir bewusst, dass es wenig empfehlenswert ist, mit einer negativen Einstellung an einen Text heranzugehen, doch die Masse der defizitär orientierten Veröffentlichungen mit demütigenden, entwürdigenden Vorschlägen zum Umgang mit autistischen Kindern erreicht auch bei mir, dass die Neugier der Furcht weicht. 

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Lassen Sie uns über Tonnen sprechen.

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Ich bin ja ein bescheidener Mensch. Ich habe nicht allzu viele Ansprüche und Wünsche. Zugegeben, ich mag es einfach. Mit Kaffee, WLan und einer stillen Ecke kann man mich tagelang glücklich machen.

Wenn ich mir aber einen Wunsch erfüllen dürfte, es wäre eine Tonne.
Ja. ich hätte wirklich gerne eine Tonne. Eine Raumschifftonne. Wie es sich für eine richtige Weltraumfrau wie mich gehört, so eine Tonne wie in dem Film „Im Weltraum gibt es keine Gefühle“. Da versteckt sich ein Junge immer in einer Tonne, wenn ihm alles zu viel wird, so ein Junge wie ich es bin, also kein Junge, ich bin kein Junge, aber ich bin autistisch, so wie der Junge. Der hatte so eine Tonne, und ich will auch so eine Tonne. Eine Tonne, in der ich mich verstecken kann, wenn die Welt wieder zu laut wird, zu drängend, zu erschöpfend. Wenn ich wieder innerlich wund bin von all den Sinnesreizen und Eindrücken, die da draußen  lauern.
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Autismus erleben – ein Spaß für die ganze Familie?

An diesem Wochenende fand in Augsburg der „Schwabentag“ statt, eine Veranstaltung, bei der Organisationen Gelegenheit hatten, über Behinderung zu informieren. Bereits im März sprach ich im Interview mit dem Stern über die für diesen Tag angekündigte Autismus-Erlebnis-Kabine des Caritasverbands für die Diözese Augsburg. Ich fand dieses Konzept bereits im Vorfeld bedenklich und äußerte mich entsprechend. Die daraufhin aufgenommene Kommunikation mit dem Caritasverband blieb ergebnislos: Ihrer Ankündigung, mit uns zusammenzuarbeiten, folgten keine Taten.
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Diagnose Autismus – Was nun?

Gerade für erwachsene Menschen ist der Weg zur Autismusdiagnose steinig und schwer. In der Regel liegen umfangreiche Probleme vor, bevor der Verdacht auf Autismus überhaupt erst entsteht. Daher glaubt man schnell, eine Autismusdiagnose bringt – wird sie denn dann gestellt – im Handumdrehen Erleichterung und Lebensqualität. Weiß man erst, woran es liegt, kommt sicher schnell wieder alles in Ordnung. Doch das ist zu kurz gedacht.
Warum ist gerade die Zeit nach der Diagnose so schwer und wie übersteht man sie am besten?

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„Sie wollen also nicht angefasst werden.“

Als ich die Arzthelferin leise darüber informierte, dass ich Autistin sei und auf ihr Entgegenkommen in Sachen Kommunikation angewiesen bin, konnte man sehr gut beobachten, wie sich ihr Gesicht Muskel für Muskel zu einer abweisenden Grimasse verzog und sie fauchte „Jaja, ich sage es dem Arzt, gehen Sie mal ins Wartezimmer.“
Aber ich musste es ihr ja mitteilen, vor allem, um Kommunikationsproblemen vorzubeugen. Meine Schilderungen von Schmerzen und Beschwerden sind wohl derart neutral und distanziert, dass man mir oft schlicht und ergreifend nicht glaubt, mich nicht ernst nimmt oder mir unterstellt, ich würde simulieren.

Verunsichert schlich ich durch einen Wald aus Schildern, die mir die Nutzung meines Mobiltelefons untersagten, ins Wartezimmer, wo bereits ein älterer Mann saß, der gähnend braun-gelben Schorf von seinem Bein kratzte. Die herunterfallenden Schorfstückchen bildeten interessante Farbakzente auf dem grauen Teppich. Ich zückte mein Mobiltelefon, um ebendies dem Internet mitzuteilen. Weiterlesen