VAXXED in Wien?

 

Liebe Leser*innen,

warum ich den Autist*innen stigmatisierenden und diskriminierenden Film VAXXED, der seit April in Europa gezeigt wird, für gefährlich halte, habe ich in diesem Text bereits ausführlich dargelegt. Auch bei Vice Austria erklärte ich das Problem.

In Deutschland regte sich bereits zum Teil erfolgreicher Widerstand gegen Kinos, die ihn – oft sogar mit Anwesenheit Wakefields – völlig unkritisch zeigten. Selbst Autismus Deutschland nahm inzwischen Stellung zu VAXXED und den nachweislich falschen Theorien von Wakefield. Über diesen Widerstand bin ich sehr froh und dankbar.

Nun soll VAXXED am 12. Mai auch im Millenium City Kino in Wien vorgeführt werden.

Ein Grund, warum man so viel Schindluder auf Kosten von Autist*innen treiben kann ist sicherlich der, dass es uns aufgrund der Behinderung besonders schwer fällt, uns zu wehren. Es ist enorm herausfordernd für uns, Kontakte zu knüpfen, zu organisieren und laut zu werden.  Wir können nicht einfach Demos organisieren. Unter diesen Umständen ist es leicht, Autist*innen und ihre Interessen zu ignorieren.

Es gibt einfach nicht genug Autist*innen, um bei den vielen wichtigen Projekten die kritische Masse zu erreichen, die es braucht, damit sich etwas bewegt. Hier sind Autist*innen auf die Hilfe anderer angewiesen. Darum spreche ich an dieser Stelle nicht nur meine autistischen Leser*innen an, sondern ausnahmslos alle.

Bitte helft mir, Widerstand gegen die Filmvorführung zu zeigen. Schreibt dem Kino. Schreibt dem MA15, den Autistenverbänden, der Ärztekammer und euren Kinderärzten und bittet sie um öffentliche Stellungnahme. Bittet euer Umfeld um Solidarität mit uns Autist*innen. Wir brauchen eure Unterstützung.

Den folgenden Mailvorschlag für das Kino könnt ihr gerne auch für andere Adressaten adaptieren und hier downloaden: Filmvorführung VAXXED

 

Betr.: Filmvorführung VAXXED

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Programmverantwortliche der UCI Kinowelt Millennium City!

Ihrem Programm entnehme ich, dass Sie für den 12. Mai eine Aufführung des Films VAXXED von Andrew Wakefield in Ihr Programm aufgenommen haben.

Es ist Ihnen möglicherweise nicht bekannt, dass Sie mit dieser Dokumentation dem überführten Betrüger Andrew Wakefield eine Bühne bieten. Die sogenannten Erkenntnisse, auf die der Film VAXXED basiert, stammen aus einer gefälschten Studie, die Andrew Wakefield seine Approbation kostete und in weit über 100 Studien wissenschaftlich widerlegt werden konnte.

Darüber hinaus sind die in dieser Dokumentation aufgestellten Behauptungen lebensgefährlich: Andrew Wakefield ist der “Guru” der weltweiten Impfgegner-Glaubensgemeinschaft, deren fanatische Ablehnung medizinischer Grundversorgung vielen Kindern das Leben gekostet hat. Erst kürzlich berichteten die Medien über einen Vorfall in Rumänien, bei dem 17 Kleinkinder aufgrund von Impfgegnern an Masern starben. 2015 starb erstmals seit 12 Jahren in den USA wieder ein Mensch an den Masern. Von den Spätfolgen einer Masernerkrankung ganz zu schweigen.

Diese Toten waren völlig unnötig, aber leider Gottes das gemeingefährliche Ergebnis der Lobby-Arbeit von Andrew Wakefield, dessen Film Sie am Freitag, 12. Mai 2017 zeigen möchten.

Ich bin mir sicher, dass Sie sich nicht mit den kriminellen Machenschaften der Impfgegner gemein machen möchten, indem Sie diese lebensgefährliche Dokumentation einem breiten Publikum zugänglich machen.

Ich bin mir bewusst, dass Sie die Aufführung dieser Dokumentation als einen Beitrag zu einer möglichst breiten Debatte sehen. Aber bitte fragen Sie sich: Würden Sie eine irreführende Dokumentation eines Finanz-Betrügers oder gar eines der fahrlässigen Tötung überführten Arztes ins Programm nehmen?

Ich appelliere deshalb an Sie, diesen Film nicht zu zeigen, um nicht noch mehr Kinder der Gefahr der Impfgegner-Propaganda auszusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

 

Mehr Informationen über Wakefield und seine Machenschaften finden Sie auch hier:

Der ORF über die Mythen der Impfgegner
http://sciencev2.orf.at/stories/1757877/index.html

Die renommierte New York Times über den Betrüger Andrew Wakefield:
http://www.nytimes.com/2011/01/13/opinion/13thu2.html?rref=collection%2Ftimestopic%2FWakefield%2C%20Andrew&action=click&contentCollection=timestopics&region=stream&module=stream_unit&version=latest&contentPlacement=8&pgtype=collection

Autist*innen über den Impfmythos:

http://www.autismusfaq.de/koennen-impfungen-autismus-verursachen/

 

 

2 Gedanken zu „VAXXED in Wien?

  1. Ich habe auf meinen Brief heute folgende, ernüchternde Antwort bekommen:

    Sehr geehrter Herr —,

    vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben uns zu schreiben.

    Uns ist bewusst, dass gerade dieses Thema sehr stark diskutiert wird. Wir sind jedoch überzeugt, dass die freie Meinungsäußerung ein sehr wichtiger Aspekt in unserer Gesellschaft ist. Deshalb haben wir uns entschlossen, den Film einmalig in unserer UCI KINOWELT Millennium City zu zeigen. Damit unsere Gäste dadurch nicht nur eine einseitige Sichtweise präsentiert bekommen, haben wir zusätzlich auf unserer Homepage auch Links zu Informationen zur Verfügung gestellt, die die gesundheitliche Bedeutung von Impfungen und den aktuellen Stand der Wissenschaft hervorheben:

    Infektionsschutz:
    http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Bedeutung/Schutzimpfungen_20_Einwaende.html
    Schutzimpfungen:
    https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/impfungen.html
    Bekämpfung von Krankheiten:
    http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/bekaempfung-von-krankheiten-wer-sich-nicht-impfen-laesst-handelt-unsolidarisch-1.2185731
    World Health Organization:
    http://www.who.int/campaigns/immunization-week/2017/infographic/en/

    Mit freundlichen Grüßen,

    Ihr Team der UCI KINOWELT

    1. Genau diese Mail habe ich auch erhalten.

      Leider missbraucht UCI Kinowelt das Argument der Meinungsfreiheit als Totschlagargument, es ist an dieser Stelle unangebracht. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, alles kommentarlos zeigen zu müssen und im Umkehrschluss bedeutet das Einschränken der Meinungsfreiheit nicht, einen Film nicht zu zeigen, der offen Betrug verherrlicht, Menschen gefährdet und Autist*innen diskriminiert.
      Wir müssen gerade in manchen Ländern der Welt beobachten, was die Einschränkung der Meinungsfreiheit wirklich heißt. Das Argument in dieser Diskussion zu verwenden, finde ich daher sehr geschmacklos. Ein paar wahllose Informationen auf die Website zu stellen reicht zudem beiweiten nicht aus, um der Vorführung eine kritische Note beizufügen.

      Es ist alles in allem fadenscheinig und ärgerlich, das UCI Kinowelt scheint vor allem an Profit interessiert zu sein, nicht an einer verantwortungsvollen und anspruchsvollen Programmauswahl.

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